Von der Gnotschaft Schönau zur Gemeinde Schönau a. Königssee

In den sieben Jahren von 1803-1810, wechselte die Berchtesgadener Bevölkerung viermal ihren Landesherrn und ihre staatliche Zugehörigkeit. Zunächst hatte die jahrhundertealte souveräne Fürspropstei infolge der französischen Kriegszüge und des nachfolgenden Friedens von Luneville aufgehört zu bestehen. Aus dem ehemaligen, jetzt säkularisierten Klosterstaat war zusammen mit Salzburg, Eichstätt und einem Teil des ehemaligen Fürstbistums Passau das Kurfürstentum Salzburg unter Großherzog Ferdinand von Toskana gebildet worden. Doch bereits im Spätsommer des Jahres 1805 war dieses kurze "Gastspiel" wieder vorüber und das Berchtesgadener Land wurde dem Kaiserreich Österreich einverleibt. Im Oktober 1807 erschien der neue Landesherr, Kaiser Franz 1., um sein hinzugewonnenes Besitztum in Augenschein zu nehmen und einer Jagd am Königssee beizuwohnen. Sein Besuch beendete mit der Aufhebung der Leibeigenschaft der Bewohner den letzten Zustand persönlicher Abhängigkeit von der Landesherrschaft. Erneut auflebende Kampfhandlungen zwischen Franzosen und Bayern einerseits und Österreich andererseits sahen letztendlich Napoleon als Sieger. Und abermals wurde im Frieden von Schönbrunn 1809 über das Berchtesgadener Land entschieden. Letzteres wurde nun unter französische Militärverwaltung gestellt, litt unter der Willkür der Besatzungstruppen und sah sich neuen Verordnungen und Erlassen ausgesetzt, die zudem in einer fremden Sprache verfaßt waren, die nur wenigen verständlich war. Glücklicherweise zogen schon ein Jahr später unter dem Jubel der Bevölkerung bayerische Truppen ein und nahmen das Ländchen für das Königreich Bayern in Besitz. Dies bedeutete den letzten, endgültigen Wechsel der Staatszugehörigkeit: Berchtesgaden blieb fortan für alle Zeiten bayerisch!

König Maximilian 1. Joseph und nach ihm alle folgenden bayerischen Monarchen erkoren das Berchtesgadener Land zu ihrem Lieblingsjagdrevier. Alljährlich kamen sie mit Herren ihres Hofstaates, Staatsgästen und Bediensteten in dieses liebenswerte Land, das sie sogleich in ihr Herz geschlossen hatten.

In ihrem Gefolge entdeckten Maler, Reiseschriftsteller, Naturforscher und Gelehrte mit ihren Familienangehörigen dieses landschaftliche Kleinod. Gar mancher Adelige, Künstler, Industrielle und wohlhabende Pensionär ließ sich für immer hier nieder oder reiste alljährlich in dieses zu den schönsten Fleckchen der Erde zählende und im Herzen schon immer bayerisch gewesene Naturparadies. Ein neues Gewerbe, die Beherbergung von Erholungsbedürftigen begann und brachte endlich den ersehnten Wohlstand in diese südöstlichste Region Deutschlands.

Sofort nach dem Anschluß an Bayern wurde auch im nunmehrigen Landgericht Berchtesgaden mit der Bildung der politischen Gemeinden begonnen.

Während in den übrigen, neu hinzugekommenen Landesteilen dabei schon bestehende Einheiten wie Pfarreien oder wirtschaftlich zusammengehörige Gemeinden berücksichtigt wurden, ging es im neu errichteten Landgericht Berchtesgaden darum, das seit dem 15. Jahrhundert bestehende Organisationsprinzip, die sog. Gnotschaften, zu berücksichtigen. Als nach den großartigen Feiern anläßlich der Inbesitznahme wieder der graue Alltag einkehrte, schrieb Graf von Preysing an den bayerischen Staatsminister Graf Montgelas: "Mit einiger besonderer Schwierigkeit ist die Planstellenbesetzung im Gebirge verbunden. Das Gebirgsvolk, rauh und starrsinnig wie die Felsen, die es umgeben, hatte schon seit mehreren Jahren die Zügel der Oberherrschaft nur schwach gespürt ...

 

Die beiden Gemeinden setzten sich in den folgenden 160 Jahren wie folgt zusammen:

 

Gemeinde Königssee, 751 ha, 3 Gnotschaften

  • Faselsberg 32 Anwesen
  • Königssee 25 Anwesen
  • Schwöb 14 Anwesen

 

Gemeinde Schönau, 1335 ha, 5 Gnotschaften

  • Unterschönau I 14 Anwesen 
  • Unterschönau II 19 Anwesen 
  • Oberschönau I 27 Anwesen
  • Oberschönau II 27 Anwesen
  • Hinterschönau 11 Anwesen

 

Dies alles führte dazu, daß staatlicherseits im Jahre 1817 die seit mehr als 460 Jahre bestehenden Gnotschaften ohne irgendwelche territoriale Veränderung in politische Gemeinden umgewandelt wurden. Daß aus den bestehenden 8 Gnotschaften nun 9 Gemeinden wurden, lag darin begründet, daß die damalige Gnotschaft Schönau in zwei Gemeinden, in Schönau und Königssee geteilt wurde und zwar dergestalt, daß die Königsseer Ache die Grenze zwischen den beiden Gemeinden bildete.

Die ehemaligen Gnotschafterbezirke blieben in ihrem bisherigen Umfange erhalten und nannten sich nunmehr Gnotschaften .

1818 vermerken die Gemeindebildungsakten, daß in den Berchtesgadener Landgemeinden keine Gemeindediener aufgestellt werden bräuchten, da ihre Stelle "die sogenannten umwechselungsweise aufgestellten Gnotschäfter observanzmäßig (nach alter Gewohnheit) unentgeltlich vertraten". Dennoch sah man von der weiteren Aufstellung von Gnotschaftern ab und wählte stattdessen von nun an Gemeindevorsteher . Die beiden ersten Gemeindevorsteher waren in Königssee Josef Stangassinger, Mühleben, in Schönau Andreas Walch, Bodnerlehen.